Vorsorge

Ziele

Ziel arbeitsmedizinischer Vorsorge ist die Früherkennung und Prävention arbeitsbedingter Erkrankungen und Berufskrankheiten. Arbeitsmedizinische Vorsorge soll zugleich einen Beitrag zum Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit und zur Fortentwicklung des betrieblichen Gesundheitsschutzes leisten.

Rechtliche Grundlage

Als rechtliche Grundlage fungiert die Verordnung zur Arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV). Die Leistungen der ArbMedVV unterteilen sich dabei in Pflichtvorsorge, Angebotsvorsorge und Wunschvorsorge.

Elemente

Element der arbeitsmedizinischen Vorsorge sind:

  • arbeitsmedizinische Vorsorgetermine beim Arzt mit Aufklärung und Beratung des Beschäftigten über die mit seinen Tätigkeiten verbundenen Gesundheitsgefährdungen sowie zusätzlich – bei arbeitsmedizinischer Erforderlichkeit und expliziter Einwilligung des Patienten – klinische und zusatzdiagnostische Untersuchungen,
  • die ärztliche Dokumentation und Bewertung der Befunde aus der Vorsorge,
  • arbeitsmedizinisch begründete Vorschläge an den Arbeitgeber zur Verbesserung des betrieblichen Arbeitsschutzes.

Schweigepflicht

Wichtigerweise unterliegt der Betriebsarzt dabei grundsätzlich der ärztlichen Schweigepflicht. Der Arbeitgeber erhält bei der Vorsorge lediglich eine Vorsorgebescheinigung mit der Angabe, dass, wann und aus welchem Anlass der Vorsorgetermin stattgefunden hat (vgl. § 6 Absatz 3 Nummer 3 ArbMedVV). Der Betriebsarzt darf seine Einschätzung der gesundheitlichen Folgen nicht an den Arbeitgeber oder sonstige Dritte geben, es sei denn, der Beschäftigte fordert ihn ausdrücklich und aus eigenem Willen heraus dazu auf.

Fristen

Fristen für die regelmäßige Veranlassung bzw. das regelmäßige Angebot von Vorsorge sind nicht rechtsverbindlich geregelt. Hinweise zur Berücksichtigung werden in der AMR 2.1 „Fristen für die Veranlassung/das Angebot von arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen“ gegeben.

Ablauf & Inhalt

Die arbeitsmedizinische Vorsorge i.S. der ArbMedVV beinhaltet als Mindestanforderung die Erhebung der Anamnese einschließlich der Arbeitsanamnese sowie eine ärztliches Beratungsgespräch (§2 Abs. 1 Nr. 3). Körperliche Untersuchung und zusatzdiagnostischen Maßnahmen können vom Mitarbeiter ohne arbeitsrechtliche Konsequenzen abgelehnt werden.

Pflichtvorsorge

Der Arbeitgeber hat nach Maßgabe des Anhangs der ArbMedVV Pflichtvorsorge für die Beschäftigten zu veranlassen. Eine solche Untersuchung ist immer dann vorgeschrieben, wenn es sich um Tätigkeiten handelt, die eine arbeitsmedizinische Beratung erfordern und wo eine gesundheitliche Überwachung der Mitarbeiter notwendig ist. Pflichtvorsorge muss vor Aufnahme der Tätigkeit und anschließend in regelmäßigen Abständen veranlasst werden. Der Arbeitgeber darf eine Tätigkeit nur ausüben lassen, wenn der oder die Beschäftigte an der Pflichtvorsorge teilgenommen hat.

Fazit: Eine Pflichtvorsorge ist dann zu veranlassen, wenn eine Beratung durch den Arbeitsmediziner erforderlich ist und eine gesundheitliche Überwachung zwingend notwendig ist.

Beispiel:

Ein typisches Beispiel für eine Pflichtvorsorge ist Feuchtarbeit von regelmäßig vier Stunden oder mehr je Tag (z.B. Zahnarzt, Chirurg). Von Feuchtarbeit spricht man, wenn die Hände regelmäßig in einem feuchten Milieu arbeiten, feuchtigkeitsdichte Handschuhe zu tragen sind und die Hände oft und gründlich gereinigt werden. Durch die feuchtigkeitsbedingte Abtragung des schützenden Fettfilms wird die Haut durchlässiger für Schadstoffe, Allergene und Krankheitserreger. Dies begünstigst regelmäßig das Auftreten eines toxischen Kontaktekzems (Handdermatitis) und im weiteren Verlauf die Entstehung eines allergischen Kontaktekzems. Die Pflichtvorsorge hat also zum Ziel, frühzeitig eine pathologische Hautirritation zu diagnostizieren und entsprechende therapeutische Maßnahmen einzuleiten (Hautarztverfahren). Weiterhin soll der Mitarbeiter hinsichtlich eines adäquaten Hautschutzes geschult werden.

Angebotsvorsorge

Der Arbeitgeber hat den Beschäftigten Angebotsvorsorge nach Maßgabe des Anhangs der ArbMedVV anzubieten. Angebotsvorsorge muss vor Aufnahme der Tätigkeit und anschließend in regelmäßigen Abständen angeboten werden. Die Teilnahme ist freiwillig. Das Ausschlagen eines Angebots entbindet den Arbeitgeber nicht von der Verpflichtung, weiter regelmäßig Angebotsvorsorge anzubieten. Erhält der Arbeitgeber Kenntnis von einer Erkrankung, die im ursächlichen Zusammenhang mit der Tätigkeit des oder der Beschäftigten stehen kann, so hat er ihm oder ihr unverzüglich Angebotsvorsorge anzubieten. Dies gilt auch für Beschäftigte mit vergleichbaren Tätigkeiten, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie ebenfalls gefährdet sein können. Der Arbeitgeber hat Beschäftigten sowie ehemals Beschäftigten nach Maßgabe des Anhangs nach Beendigung bestimmter Tätigkeiten, bei denen nach längeren Latenzzeiten Gesundheitsstörungen auftreten können, nachgehende Vorsorge anzubieten. Am Ende des Beschäftigungsverhältnisses überträgt der Arbeitgeber diese Verpflichtung auf den zuständigen gesetzlichen Unfallversicherungsträger und überlässt ihm die erforderlichen Unterlagen in Kopie, sofern der oder die Beschäftigte eingewilligt hat.

Fazit: Eine Angebotsvorsorge ist dann geboten, wenn eine Beratung durch den Arbeitsmediziner sinnvoll ist, aber eine gesundheitliche Überwachung nicht zwingend erforderlich ist.

Beispiel:

Ein typisches Beispiel für eine Angebotsvorsorge ist das Arbeiten am Bildschirm (Bildschirmarbeitsplatz). Die Untersuchung des Sehvermögens mit ggf. Anschaffung einer speziellen, für den Bildschirmabstand optimierten Brille ist arbeitsmedizinisch sinnvoll, da eine nichtadäquate Sehschärfe zu einer raschen Ermüdbarkeit und Kopfschmerzen führen kann.

Wunschvorsorge

Über die Vorschriften des Anhangs hinaus hat der Arbeitgeber den Beschäftigten auf ihren Wunsch hin regelmäßig arbeitsmedizinische Vorsorge nach § 11 des Arbeitsschutzgesetzes zu ermöglichen, es sei denn, auf Grund der Beurteilung der Arbeitsbedingungen und der getroffenen Schutzmaßnahmen ist nicht mit einem Gesundheitsschaden zu rechnen. Wunschvorsorge wird wie jede arbeitsmedizinische Vorsorge im Rahmen der Arbeitszeit vom Arbeitgeber ermöglicht.

Fazit: Im Gegensatz zur Pflicht- und Angebotsvorsorge geht bei der Wunschvorsorge die Initiative vom Mitarbeiter aus. Gegenstand der arbeitsmedizinischen Wunschvorsorge können und sollen grundsätzlich alle Fragen zu den Wechselwirkungen zwischen der Arbeit und der Gesundheit eines Beschäftigten sein.

Beispiel:

Aufgrund der gesicherten Erkenntnisse zu Schlafproblemen bei Nacht- und Schichtarbeit ist die Einrichtung einer Schlafsprechstunde als erweitertes betriebliches Angebot (Wunschvorsorge bei Schichtarbeit) zu empfehlen. In dieser Sprechstunde können zum Beispiel der Chronotyp festgestellt und über ein Schlaftagebuch Schlafstörungen erfasst werden. Darauf basierend können konkrete Empfehlungen für den Einsatz in den Schichten gegeben werden.